Feiertage
in der Winterzeit
Wie bei vielen anderen Nationen basieren auch die Feiertage der Slowenen im
Raabgebiet oft auf kirchlichen Feiertagen. Ferner gingen die Feiertage oft aus
wetter- und vegetationsbedingten bzw. aus auf die Landwirtschaft
ausgerichteten, wichtigen Arbeitsphasen hervor. An den wichtigen Feiertagen war
jegliche Art von Arbeit untersagt, an kleineren Feiertagen war hingegen
vereinzelt arbeiten erlaubt. Die Daten der einzelnen Feiertage und der
Jahreszeiten können sich vereinzelt ändern.
Die wichtigsten Feiertage in der Winterzeit, welche vom St. Andreas-Tag bis
zum Aschermittwoch dauert, sind der St. Nikolaus-Tag , St. Luzien-Tag,
Weihnachten, Neujahr, Dreikönigstag und der Faschingsdienstag.
Anstelle des Sankt Nikolaus kamen am 6. Dezember bei den Slowenen im
Raabgebiet „unheimliche“ Gestalten (genannt: mikulauške, norci, bohoctje) bei deren Häusern vorbei. Am
St. Nikolaus-Tag verkleideten sich ältere Junggesellen und verheiratete
Männer in Lumpen, in verkehrt angezogenen Pelzmänteln und Hosen. Ferner banden sie sich eine lange
Kette um ihre Taille und verdeckten ihre Gesichter mit einer Maske. In ihren
mit Russ eingestrichenen Händen hielten sie eine Weidenrute. Am Abend des
St. Nikolaus-Tages suchten sie
diejenigen Häuser auf, deren Bewohner sich mit dem Bearbeiten von Kürbiskernen
und mit Federrupfen beschäftigten. Diese „unheimlichen“
Gestalten rasselten mit ihren um die Hüfte gebundenen Ketten und
erschreckten damit die Mädchen. Ferner schlugen sie die unartigen Kinder
mit der Weidenrute, beschenkten jedoch die artigen Kinder mit Walnüssen
und Süssigkeiten.
Am St. Luzien-Tag (13. Dezember) war es den Frauen verboten zu nähen
und zu spinnen. Nur mit einem Herrenhut auf dem Kopf durfte sich eine Frau oder
ein Mann einem Haus nähern, da sonst die Hühner im darauf folgenden
Jahr keine Eier mehr legen würden. Um einer Überpopulation an
Bruthennen entgegenzuwirken, durfte man sich an diesem Tag auch nicht setzen.
Ferner mussten die Männer Kleinholz für das Feuer sammeln und singend
Reichtum für das kommende Jahr bei den Lucianern, welche 9-10 jährige
Buben waren, erbitten. Zu Dritt gingen die Lucianer von Haus zu Haus, um
für die Hühner und andere Tiere sowie den Menschen singend ein
produktives Jahr zu wünschen. Mit Feuerholz oder mit einem
Strohbündel betraten sie die Küche, begrüssten kniend die Bewohner
und sagten das Vaterunser auf.
„Kokodák, kokodák…, aj vaši kokouši teuko djájec znanséjo, kak po pouti kaménje. Vaše iža aj teuko pénes má, keuko zvejzde geste na nébi, vaše krave aj teuko mlejka dájo, keuko vodé geste v Rábi, vaš sin aj tášega má žrd, čér pa táše veuke cecke, kak péč!“
„Kotkodaaa, kotkodaaa… (gackern)… Ihre Hühner
sollen so viele Eier legen, wie es Kieselsteine auf der Strasse hat, so viel
Geld sollen Sie haben, wie es Sterne am Himmel hat, Ihre Kühe sollen so
viel Milch geben, wie es Wasser im Fluss Raab hat, und Ihre Söhne sollen
ein so grosses Gemächt wie eine Holzstange (gemeint ist die Stange, welche
zum Befestigen des Heus auf dem Pferdefuhrwerk dient) haben und Ihre Töchter sollen Brüste
haben gross wie ein Kamin!“
Als Geschenk bekamen die Lucianer Eier und etwas Geld. Mit dem Feuerholz
(Slovenska Ves) buk man am 24. Dezember (zum weihnachtlichen Fasten) Brezel. In
den übrigen Dörfern des slowenischen Raabgebiets verbrannte man das
Feuerholz am Weihnachtstag. Am Vorabend
des St. Luzien-Tages wurden die Häuser der slowenisch sprechenden
Bewohner von zwei bis drei in weisse Bettlaken gehüllte Frauen oder
Mädchen aufgesucht. Über ihre Gesichter stülpten sie weisse
Strumpfhosen und trugen weisse Handschuhe. In ihren Händen hielten sie
einen Malerpinsel und einen Malertopf oder eine Malerkanne. Als die Frauen die
Häuser betraten, wollten sie deren Bewohner mit Farbe anstreichen. Die
Kinder mussten beten, ansonsten wären sie von den Lucianern mitgenommen
worden. Die weiss verhüllten Frauen bekamen Brot oder Schnaps, welchen sie
mit Hilfe eines Strohhalms tranken.
Durch eine geheimnisvolle Hilfe wurde den jungen Frauen an diesem St.
Luzien-Tag auch ihre zukünftigen Bräutigame prophezeit. Ferner war
der St. Luzien-Tag auch ein wichtiger Tag für die Wettervorhersage. Die
Frauen des slowenischen Raabgebietes fertigten an diesem Tag einen so genannten
Zwiebelkalender an. Zwölf Zwiebelschalen wurden mit Salz betreut. Jede
Zwiebelschale symbolisierte einen Monat des Jahres. Diejenige Zwiebelschale,
auf welcher das Salz schmolz, charakterisierte einen Monat mit viel Regen.
Ferner begannen die Männer am St. Luzien-Tag auch den Lucianer-Stuhl zu fertigen. Dieser Stuhl musste bis zum Heiligabend fertiggestellt sein. Wenn die Männer am Heiligabend auf diesen fertig gestellten Stuhl standen, konnten sie im Moment der Gottessegnung erkennen, wer eine Hexe im Dorf war. Diejenigen Frauen, welche bei der Gottessegnung wegschauten, wurden als Hexe angesehen. Verständlicherweise war im slowenischen Raabgebiet der Name „Luzia“ / „Licija“ nicht beliebt. Mit diesem Namen wurden oft Frauen gehänselt: („Stára Licija – uralte Luzia!“)
Die Tradition mit der Weihnachtskrippe schauten sich die Slowenen des Raabgebiets von den Ungarn ab. In Števanovci trug man auch Masken (ähnlich der Krippentradition der Ungarn in Siebenbürgen). In Gornji Senik wurden das Weihnachtsgedicht und das Lied „Vom Himmel kam der Engel…“ in die slowenische Sprache übersetzt.
Z néba je prišeu
dóli k vam ángeu,
pastirje,
pastirje!
V Betlehem naj
bi
šli ino vídli,
dejtece, dejtece.
Den 24. Dezember verbrachten die Slowenen im Raabgebiet mit fasten. Zum
Mittagessen assen sie Bohnensuppe, mit Kürbiskernen gefüllte
Maultaschen, gedünstete Dörrpflaumen, Birnen und Äpfel. Unter dem
Tisch erhitzten sie auf einer Pflugschar Samenkerne, Wacholder und
Eichenäste. Die Türen und Fenster verzierten sie mit Immergrün
(Sakalovci). An diesem Tag durften keine Frauen zu Besuch kommen, da sie
Unglück gebracht hätten. Um sich von einem Unglück zu
schützen, wünschten sich die männlichen Mitglieder von
benachbarten Familien schon früh am Morgen gegenseitig „Frohe
Weihnachten“.
Die Neujahrsbegrüssung findet am frühen Neujahrsmorgen mit dem
Aufsagen von Versen, dem Geisseln und mit dem Besprengen von Wasser statt. In
Gornji Senik besprengen die Buben und Männer die Mädchen und Frauen
mit Tannenästen, welche in kaltes Wasser getunkt worden sind. In den
übrigen slowenischen Dörfern im Raabgebiet werden die Mädchen
und Frauen mit geflochtenen Geisseln „geschlagen“. Mit dieser Neujahrsbegrüssung wird
viel Gesundheit und Reichtum im neuen Jahr gewünscht:
„Zdravi bojte,
friški bojte, v eton nouvon let! Dosta krüja, dosta vina, fse za
volé! Düšno zveličanje pa največ!”
“Bleibet gesund und
frisch im neuen Jahr! Viel Brot, Wein und alles Reichtum! Vor allem aber
seelisches Heil!“
Am 6. Januar, am Dreikönigstag, bringen die Slowenen vom Raabgebiet
Wasser für die Weihe in die Kirche. Gegebenfalls wurde der zu Hause
aufgebarte Verstorbene mit diesem Wasser besprengt. Die „Drei
Könige“ pflegten von Haus zu Haus zu gehen, um Spenden zu sammeln.
Dieser Dreikönigstag ist auch der Beginn der Faschingszeit. Diejenigen,
welche von Haus zu Haus singend um Spenden baten, befestigten auf ihren Alltagskleidern
ein aus rotem, weissem und grünem Krepp-Papier gefertigtes Gewand, welches
sie sich mit einer Schnur umbanden. Auf dem Kopf trugen sie eine Papierkrone,
welche mit Symbolen wie Sonne, Mond und Sternen, manchmal auch mit einer
Papierschleife, geschmückt wurde. Ferner trugen sie in ihren Händen
einen Stab, der mit einem Stern an der Spitze versehen war. Vor den
Haustüren sangen sie ein slowenisches Lied über die Drei Könige,
welches schon im 16. Jh. bekannt war und in den Gebetbüchern bis heute
fortbesteht. Nach dem Lied traten sie in die Häuser ein und baten um
Geschenke (Geld), welche sie auch bekamen. Dieser Schülerbrauch, der
sogenannte „Gang der Drei Könige“ stammt aus dem 16. Jh. und
wurde von den Slowenen wie auch von den Ungarn im Raabgebiet übernommen.
Die Teilnehmer, welche am Heiligabend und am Dreikönigstag von Haus zu
Haus gingen, waren ursprünglich vor allem ältere Männer. Zu Neujahr wurden die Bewohner aber
hauptsächlich von jungen Burschen beglückwünscht. Diesen Brauch,
in dem man von Haus zu Haus die Bewohner beglückwünscht, wurde nach
dem Ersten Weltkrieg vorwiegend von Kindern übernommen. Vor allem die
Buben pflegten diesen Brauch, ausser in Sakalovci. Am St. Luzien-Tag wurde er
seit jeher nur von Kindern befolgt.
Fasching ist die Zeit zwischen dem Dreikönigstag und dem
Faschingsdienstag. Am letzten Tag des Faschings, dem sogenannten
Faschingsdienstag, verkleideten sich früher die Slowenen des Raabgebietes.
Die Slowenen im Komitat Vas schaukelten an diesem Tag. Die typischen
Faschingsfiguren der Slowenen sind der „Fašenek“ und dessen Gemahlin
„Lénka“. Der Fašenek trägt eine mit farbigen
Schleifchen geschmückte Kappe, welche einen aus der Erde wachsenden Keim
symbolisiert. Das Gesicht des Fašenek ist mit einer Strumpfhose oder einer
Maske bedeckt. Er trägt entweder eine verkehrt angezogene Weste oder ist
in alten Lumpen gekleidet. An seinen Hosen befinden sich farbige Papier- oder
Textilschleifchen. In seinen mit Russ eingestrichenen Händen trägt er
einen Opferstock, welcher aus einem mit einem Loch versehenen Holzlöffel
und einer Strumpfhose besteht. Die Gemahlin des Fašenek, die Lénka,
begleitet ihn und trägt in der einen Hand einen Besen und in der anderen
Hand eine Tasche, in welcher sie die Geschenke sammelt: Pfannkuchen, Eier und
Würste. Mit dem Besen wischt die Lénka und schlägt um sich.
Das Paar wird von einem Harmonikaspieler begleitet. Die Hausbewohner werden von
Fašenek und Lénka zum Tanz aufgefordert. Mit hoch angezogenen
Beinen hüpfen sie tanzend herum, damit der Flachs hoch und die Rübe
dick wachsen. Am Faschingsdienstag musste man Mohn anbauen, um ihn vor
Wurmbefall zu schützen. Ferner musste man an diesem Tag auch den Mais
zerbröseln, damit die Krähen es nicht fressen. Am Abend gingen die
älteren sowie die jüngeren Leute in die Kneipe, um mit hoch
angezogenen Beinen zu tanzen, damit der Flachs hoch und die Rübe dick wachsen
konnten. Um Mitternacht musste das Vergnügen beendet werden. Da ab
Mitternacht mit dem Aschermittwoch die Fastenzeit begann, schmierte früher
ein in weisse Bettlaken gekleidetes „Aschenbrödel“ (Papanice)
alle mit Russ ein.
Übersetzung
aus dem Ungarischen und Zusammenfassung: Tibor Horvat
Quelle: Mukics Mária, „A Magyarországi Szlovének“; Press Publica, (2003)