Karsamstagsfeiern in Porabje

 

Wie jedes Jahr begingen die Slowenen des Raabgebiets auch heuer die Feierlichkeiten am Karsamstag mit der traditionellen Weihung des Schinkens und anderer für das Osterfest typischer Lebensmittel durch den örtlichen Pfarrer, mit dem Errichten von Höhenfeuern und dem Abfeuern von „Kanonenkugeln“.

 

Števanovci / Gornji Senik, 15.04.2006

 

Feierliche Segnung des Schinkens

 

Wir beginnen unsere Berichterstattung in Števanovci, wo wir der traditionellen Schinkensegnung beiwohnen. Bereits am frühen Nachmittag beginnen die Bewohner des Porabje damit, sich auf die Weihung des Schinkens, des sehr schmackhaften und pikanten  Meerrettichs, Eiern und Brot durch den Dorfpfarrer vorzubereiten. Sie verpacken ihre zu segnenden Nahrungsmittel in meist weisse Tücher und legen diese anschliessend sorgfältig in Weidenkörbe. Karsamstag bedeutet das Ende der Fastenzeit, und die heute gesegneten Nahrungsmittel werden am Ostersonntag aufgetischt. Um 18.30 Uhr finden sich die Dorfbewohner bei der Kirche zu Števanovci ein, wo sie auch schon der Pfarrer und eine Gruppe von Ministranten erwarten. Der Kleriker und die ganz in weiss gekleideten Jugendlichen stehen im Gang der Kirche. Die Gläubigen sitzen zum grossen Teil in stiller Andacht in der Kirche. Ihre Körbe mit dem Schinken und den anderen Lebensmitteln stehen gleich neben den Kirchenbänken auf dem Boden. Fein säuberlich angeordnet, einer hinter dem anderen. Auch als die Segnung bereits im Gang ist, begeben sich noch weitere Dorfbewohner zur Kirche. Es sind meistens die Männer, welche die Körbe zur Segnung tragen. Wir treffen aber auch einige Familien an, welche erschienen sind um Anteil an dieser feierlichen Prozession zu haben. Die später gekommenen warten geduldig links und rechts vor dem Kirchentor stehend. Der Gang bleibt frei und scheint die Sphäre des Pfarrers zu sein. Auf einer Informationstafel gleich in der Nähe der Kirche erblicken wir eine Einladung zu einem traditionellen karsamstäglichen Winter- und Geistervertreibungsfest in Gornji Senik, welches wir später noch besuchen werden. Wir verweilen noch einen Moment lang im Dorfzentrum und schauen den Feierlichkeiten zu, ehe wir Števanovci verlassen und auf die Suche nach weiteren Elementen der traditionellen Osterfeiertage in Porabje, begeben.

 

Höhenfeuer, Kirchensymbole und „Kanonenschüsse“

 

Auf unserer Autofahrt durch die slowenischen Dörfer des Raabgebiets treffen wir immer wieder auf lodernde Feuer, leuchtende Kreuze und mit Kerzen und Kränzen geschmückte Marienstatuen. Die Menschen versammeln sich um die den mittlerweile schon dunkel werdenden Himmel erleuchtenden Höhenfeuer und feiern das Ende der Winterzeit und die Auferstehung Christi. In Gornji Senik ist es Brauch, mit tosenden Kanonensalven* symbolisch den Winter zu vertreiben. Das Feuer und der Lärm gehen auf einen ursprünglich heidnischen Brauch zurück. Boshafte, schlechte und Unheil bringende Geister wurden mit lautem Getöse vertrieben und durch das Verbrennen von alten und beschädigten Gegenständen „befreite“ man sich symbolisch auch vom Winter. Seit der Christianisierung haben sowohl das Karsamstagsfeuer als auch das Getöse eine zusätzliche Bedeutung erhalten: Man erfreut sich der Auferstehung Christi. Die „Schüsse“ werden von einer Anhöhe aus einige Meter oberhalb des Dorfes abgefeuert. Zahlreiche Bewohner aus nah und fern nehmen den gut 1000 Meter langen Fussmarsch auf sich und wandern den kleinen Hügel hinauf, um dem Spektakel beizuwohnen. Wir legen die Strecke ebenfalls zurück und erblicken drei silbernfarbene Kanonen und ein grosses Feuer. Oberhalb der Feuerstelle bieten zwei Frauen mit Schmalz bestrichene und mit Zwiebeln belegte Brote zum Verkauf an. Zudem können die Festbesucher ihren Durst an einer Schänke stillen. Aus grossen Lautsprechern erklingen sowohl traditionelle als auch moderne Lieder. Getanzt wird nicht viel, dafür aber umso mehr diskutiert und gelacht. Um 22 Uhr erscheinen plötzlich zahlreiche, in verschiedenen Farben und Formen am Nachthimmel tanzende Feuerwerke. Die Menschen drehen ihre Köpfe und blicken gebannt auf das Lichtspektakel. Nach gut 10 Minuten fällt der letzte Feuerregen vom Himmel und gibt dem Himmel sein dunkles Kleid zurück. Zeit für uns zu gehen. Auf dem Rückmarsch zucken wir noch ein paar Male wegen den laut peitschenden „Kanonenschüssen“ zusammen, ehe wir uns in unser Auto setzen und die Bewohner Gornji Seniks weiter feiern lassen.

 

*es werden natürlich keine richtigen Kanonenkugeln abgefeuert, sondern auf Kanonen Knallkörper gezündet.

 

 

                     Bilder                                                            J. Gerber / T. Horváth